Charaktere und Comicfiguren zeichnen


Tutorial zum Thema Charactere und Figuren zeichnen

Hat man schon viele Comicfiguren erschaffen, fließen sie geradezu mühelos von der Hand aufs Papier. Erfahrung ist alles. Nach langer Übung hat man einfach einen Blick und ein Gefühl dafür, auf was es bei einem gezeichneten Charakter ankommt und wie man Körperhaltung und Mimik darstellt. Für alle, deren Zeichenstift von jahrelanger Erfahrung noch nicht auf die richtigen Bahnen gelenkt wird, ist dieses Tutorial gedacht, das folgende Fragen beantwortet:
Wie kann ich eine Comicfigur zeichnen?
Gibt es eine einfache Methode für das Skizzieren von Charakteren und Figuren?


Es gibt eine einfache Methode, die beim Zeichnen menschenähnlicher Comicfiguren zuverlässig hilft! Und sie ist gar nicht schwer. Du musst nur wissen, was die Figur, die du skizzieren möchtest, tun soll. Steht sie aufrecht? Läuft sie gebückt? Kriecht sie? Rennt sie? Jeder Menschen hat eine Körperhaltung, die sich an seiner Tätigkeit orientiert, und diese gilt es zu erfassen! Das ist der Kern dieses Themas! Du musst die Körperhaltung aufs Papier bringen! Und um diese Haltung zu erfassen, genügt es am Anfang eine einzige Bewegungslinie zu ziehen.

Tutorial zum Thema Charactere und Figuren zeichnen
 

Die Bewegungslinie – Line of action

Bei einem aufrecht stehenden Menschen ist die Bewegungslinie am einfachsten zu bestimmen. Sie ist ein gerader Strich. Bei einem liegendem Menschen ist sie zwar auch gerade, wurde aber um 90° gekippt. Reißt dein Charakter erschrocken die Hände in die Luft wie auf dem Bild, beschreibt die Linie einen Bogen. Hebt deine Comicfigur etwas von der Straße auf, ähnelt die Linie einem nach unten geöffneten Hufeisen.

Die Bewegungslinie ist so etwas wie die Wirbelsäule deiner gesamten Figur. An ihr richtest du nach und nach sämtliche Körperteile aus. Beim Zeichnen einer Comicfigur beginnst du mit der Bewegungslinie (Line of action) des Charakters. Sie ist ein einfacher Strich, der nur selten absolut gerade ist und die Körperhaltung der Figur gänzlich zusammenfasst.

Aber sehen wir uns das lieber an Beispielen an, statt von Strichen in der Landschaft zu sprechen.
 

Beispiel 1: Einen stehenden Junge zeichnen


Tutorial zum Thema Charactere und Figuren zeichnen

Im ersten Schritt zeichnest du die Bewegungslinie des Jungen. Da er aufrecht steht und nur das Bein leicht zur Seite neigt, ist sie fast gerade. Teile diese Linie mit drei Strichen in vier Bereiche gleicher Größe.

Danach skizziert du im zweiten Schritt einen Kreis für den Kopf, einen Viereck für den Oberkörper und zwei Vierecke für die Hosenbeine. Weil es sich um eine Comicfigur handelt, kann der Kopf natürlich unrealistisch groß sein. Große Köpfe bieten großen Platz für großartige Mimik. Also: Mach den Kopf gern riesig! Weil es sich um eine Skizze handelt, müssen diese geometrischen Formen nicht einmal mit exakten und sauber gezogen Linien sein. Im Normalfall benötigt man sogar mehrere Versuche, bis die gewünschte Form auf dem Papier liegt. Wenn du digital zeichnest, kannst du diese Striche einfach wieder entfernen, während du auf einem Blatt Papier die dünnen Skizzierstriche wieder wegradierst und die richtigen stehen lässt.

Im dritten Schritt skizzierst du ganz grob eine Frisur – oder eine Mütze. Ebenso deutest du Schuhe durch eine abstrakte Form unter den Beinen an. Jetzt zeichnest du noch ein Gesicht in den Kopf und vollendest die Skizze mit Ohren und Händen. Bei den Händen solltest du keinesfalls Finger zeichnen. Es reicht, die Handfläche und den Daumen grob und klotzartig anzudeuten. Das hier ist eine Skizze und kein Gemälde. Bremse dich nicht selbst aus!

Nach vier Schritten ist deine Skizze bereits fertig. Der Junge, nennen wir ihn Hans, ist deutlich zu erkennen. Die Proportionen stimmen und die Körperteile sind an der Bewegungslinie ausgerichtet. Die Haltung drückt noch immer das aus, was du zu Beginn der Skizze zeichnen wolltest. Das ist der Ideale Zeitpunkt, um Hans auszumalen und ihn mit Details lebendiger zu gestalten.

Digital ist das Überzeichnen kein Problem. Zeichne auf neuen Ebenen beliebige Details wie Finger, Hosenknöpfe, Krawatten oder Haare dazu. Auf dem Papier hilft dir der Radiergummi. Radiere die Striche an der gewünschten Stelle weg  und schenke den Details etwas mehr Aufmerksamkeit als bisher. Auch hier sind der Kreativität keine Grenzen gesetzt.
 

Beispiel 2: Junge zeigt nach oben


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Will Hans nach oben zeigen, muss er auch nach oben schauen. Deswegen beschreibt seine Wirbelsäule einen Bogen. Die Bewegungslinie verhält sich analog. Ich beginne wieder mit der Linie und füge nach und nach alle weiteren Elemente wie Kopf, Körper und Hose hinzu. Das Vorgehen ist das gleiche wie im ersten Beispiel, weswegen es hierzu nichts mehr zu sagen gibt. Sieh dir einfach das Bild an.
 

Beispiel 3: Ein Mädchen zeichnen


Ob Junge, Mädchen, Divers oder was es sonst noch gibt – am Anfang zeichnest du alle gleich. Fast gleich. Wenn du eine Frau oder ein Mädchen zeichnen möchtest, kannst du für sie eine Pose wählen, in der ihre die Kurven mehr zur Geltung kommen. Statt die Frau wie einen geraden Strich in der Landschaft stehen zu lassen, betonst du ihr Becken und schiebst es zu einer Seite, sodass die Hüfte zur Seite herausgestreckt wird. Die Bewegungslinie erhält damit einen klaren Bogen, was die Figur wesentlich interessanter und weiblicher aussehen lässt. Die Weiblichkeit eines Charakters unterstreichst du durch eine kurvigere Bewegungslinie. Typisch weibliche Merkmale fügst du erst mit fortschreitender Skizze hinzu.

Tutorial zum Thema Charactere und Figuren zeichnen Wie du auf dem obigen Bild erkennst, ist die Bewegungslinie deutlich kurviger. Die Hüfte ist klar zur Seite gekippt. Ohne die Bewegungslinie würdest du dich wahrscheinlich schwer tun, die Pose einfach so zu skizzieren. Deswegen ist die Linie wichtig. Die drei Querstriche helfen dir dabei, Kopf, Oberkörper und Beine in den passenden Proportionen darzustellen. Weibliche Charaktere haben in der Regel längere Beine als männliche, weswegen du die drei Querstriche etwas weiter oben platzieren solltest und der Hüfte noch einen guten Bogen spendieren kannst.

Du kennst doch die Piktogramme auf den Schildern bei öffentlichen Toilette. Mädchen und Junge. Das Mädchen trägt immer etwas, das aussieht wie ein Dreieck. Das soll natürlich einen Rock darstellen. Auf deiner Skizze kannst du dich an dieser Darstellung am Anfang noch orientieren. Zeichne im zweiten Schritt eine Rock und einen Kopf. Mach den Rock nicht zu kurz.

Der dritte Schritt ist klar: Skizziere die Frisur. Füge Arme und Beine grob hinzu. Details brauchst du noch nicht beachten. Falls du mit dem Bleistift zeichnest, ziehst du nur schwache Linien, die du jederzeit wieder entfernen kannst.

Danach bekommt dein Mädchen noch ein paar Schuhe und ein passendes Gesicht. Dieses Mädchen hier lassen wir einfach ein bisschen Grinsen. Und damit hättest du das Gröbste fertig. Du hast einen Charakter skizziert, den du jetzt mit Details nach Belieben herausarbeiten kannst.

Der Name Friederike passt ganz gut zu dem Mädchen in meinem Beispiel. Friederike bekommt rote Lippen, rote Schuhe, rote Kleidung und rot-braune Haare. Rote Lippen sind übrigens ein typisch weibliches Merkmal für beinahe jede weibliche Figur. Als starken Kontrast gestalte ich ihre Augen in blau. Friederikes Kleidung verwandeln wir vom Toiletten-Piktogramm in ein enges Kleid. Dabei wird der Bauch etwas verjüngt und das untere Ende des Kleides noch etwas verlängert. Die Skizze dient dabei nur der Orientierung.

In den finalen Schritten kannst du noch Finger, Pupillen, Licht und Schatten hinzufügen. Und dann ist dein Charakter auch schon fertig.
 

Beispiel 4: erschrockenes Mädchen


Wenn jemand erschrickt, kann man dies recht deutlich durch aufgerissene Augen und den schreienden Mund darstellen. Ebenso verdeutlichen hochgestreckte Arme diese Geste. Zweiteres ist schon zu Beginn interessant, weil sich die Arme auf die Bewegungslinie auswirken. Sie beschreibt einen klaren Bogen. Der Rücken wird zusammengestaucht, die Vorderseite geöffnet.
Zeichne die Bewegungslinie und füge wieder drei Querstriche ein, die dir helfen, die Proportionen besser einzuteilen.
Tutorial zum Thema Charactere und Figuren zeichnen Wenn die die Bewegungslinie skizziert hast, gehst du wie bei den anderen Beispielen vor. Ich denke, ich kann mir die Worte sparen, denn das Beispielbild erklärt alles.

Probiere es einfach aus – falsch kannst du nicht viel machen. Ich hoffe, du hast etwas gelernt und Spaß gehabt. Danke fürs Lesen!

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